Reisebericht:

Ennsbild
ENNS

- Mauthausen - Leopoldschlag - Reintal - Hainburg -
Neusiedel - Bad Radkersburg - Graz - Eisenerz - Steyr

Reisebericht

Es begann mit einer Einladung lieber Kollegen nach Wien zu einem gemütlichen Abend im Schweizerhaus...

Ein willkommener Anlaß, Bewegungstage mit Tapetenwechsel zu planen. Ich wollte die Route diesmal (wie immer: nicht zu flach) über den mir noch unbekannten Norden führen.

Tag 1 - von Enns bis Reichenthal

Ich setzte mir als erstes Tagesziel Leopoldschlag. Zu ambitioniert, wie sich herausstellte, denn die Reisevorbereitungen waren leider erst um 14:30h erledigt (typisch). Dann hieß es allerdings ordentlich in die Pedale treten...

In Mauthausen fuhr ich Richtung Gusentalradweg und folgte diesem bis Reichenau und dann weiter auf der Straße Richtung Schenkenfelden auf den Grenzlandradweg. Bald nach St. Georgen an der Gusen wird es hügelig und ab Gallneukirchen geht es stetig bergauf (auf der Straße). Alle Beeilung nutzt wenig, wenn man in einer gut besuchten Jausenstation (Reichenau) durch langes Warten gleich eine ganze Stunde verliert. Zugegeben, es war ohnehin Zeit für eine längere Rast. Aber die Zeit verrinnt und so werfe ich um 21 Uhr das Handtuch und finde in Reichenthal ein Zimmer in einem örtlichen Gasthof. Wenigstens das Wetter war positiv: trotz mehrmaliger Gewitterstimmung bekam ich nur ein paar Tropfen ab.

Tag 2 - Von Reichenthal bis Karlstift

Um 9h sah es noch nach Regentag aus. Aber um 10h hörte der Regen auf und dann startete ich. Vorbei am Eibenstein (ein mystischer Festplatz seit Urzeiten) ging es nach Leopoldschlag. Um 12h war ich endlich dort und stärkte mich beim dortigen "Marktwirt".

Bei der Weiterfahrt begegnete mir nun das erste Mal das Schild "Achtung Staatsgrenze". In dieser ländlichen Gegend sieht man auch laufend irgendwelche Tiere:
F020-Beim Futtern  F020-Gänse
Dort ist die Maltsch der Grenzfluß - sogar ein Grenzstein in der Mitte des Flusses existiert (Foto) und eine sehenswerte Steinbrücke. Auch eine große Brücke der Pferdeeisenbahn existiert dort noch. Der lange verrottete Holzmittelteil wurde restauriert, aber mittlerweile ist er schon wieder morsch. Dann (immer am Grenzlandradweg entlang) wurde es verkehrsmäßig wirklich ruhig und die Straßen gehörten mir. Die Weiterfahrt war beschaulich, abgesehen von ordentlichen Steigungen (Mairspindt). Nächste Rast war in Liebenau im gemütlichen Gasthof Neulinger, wo es unwiderstehliche Eierschwammerl mit Knödel gab. Das Wetter nutzte die Rast und während ich mein Essen genoß, entleerten sich die Wolken. Besonders gute Erinnerung hinterließ ein halbdunkles Zwicklbier der Freistädter Brauerei, welches dort offen ausgeschenkt wird. Mittlerweile war ich ganz auf "Grenze" eingestellt und beschloß daher, den Radweg zu verlassen, um als nächstes Ziel Karlstift anzusteuern. Wenn ein Ort schon Kainrathschlag heißt, dann sollte man auch keinen Ratschlag für eine Abkürzung (nach Mitterschlag) folgen - die Abkürzung ist eigentlich ein einziger laaanger steiler Berg. Mit viel Glück gabs dann in Karlstift dann doch ein (preiswertes) Privatquartier. Sogar mit resolutem Weckservice (klopf.klopf "...wollten Sie nicht um 7:45 frühstücken !??!??..."), als ich nach dem Weckerläuten nochmal weggrummelte.

Tag 3 - von Karlstift bis Reingers

Da auf einer Tafel in Karlstift eine Radroute entlang des Einsiedelbachs gezeigt wird, wagte ich es, dem Weg zu folgen und es war wirklich eine traumhafte Strecke. Der lokale Waldbesitzer hat aber die Tafel der Gemeinde vielleicht nicht gekannt und ein paar Hinweisschilder u.a. mit Radfahrverbot aufgestellt. Das einzige Auto, das mir dann auf der Straße nach Harmanschlag flott unterwegs begegnete war der Briefträger. Die müssen in heutigen Zeiten so richtig unter Druck stehen - denn sie sind, wo immer ich ihnen begegne, mit Hochgeschwindigkeit unterwegs. Und wenn ein Ort ...schlag heißt, dann bedeutet das meist BERG. Also gings in Harmanschlag ordentlich bergauf nach Althütten und weiter bergauf - bis zum Nebelstein (1017m - der Gipfel wäre nur mehr 10 Minuten Fußweg gewesen). Aber dafür kommt nach jedem Berg ein Tal. Und diesmal gleich mit 18 Prozent Gefälle nach Hirschenwies und von dort weiter nach Moorbad Harbach. Dort besuchte ich das Gemeindeamt und fragte nach einer Möglichkeit, über die Grenze zu gelangen, denn unmittelbar dahinter befindet sich laut Karte ein Radweg. Ich erhielt die Auskunft, daß dies nur als "unerlaubter Grenzübertritt" möglich wäre - und das koste bis 3000 (!) Euro Strafe bei den Nachbarn. Auch bekam ich dort auf Nachfrage eine schöne Gratislandkarte "Herold Bezirksplan GMÜND" (1:115000). Gegenüber dem Gemeindeamt gibts den soliden Gasthof Binder, wo der Knurrmagen geheilt wurde. Danach wartete der nächste "...stein" auf mich: der Mandlstein und bei der Abfahrt machte ich Halt bei der "G'peckten Buche" (Foto) und läutete die Erinnerungsglocke für die Bewohner in CZ (worauf es sofort für 1 Minute regnete - kein Scherz). Dann fuhr ich nach Pyhrabruck wo die Grenze legal überquert werden kann. Vor Nove Hrady fällt zuerst eine ziemlich verfallene Kolchose oder dgl. auf, im Ort zweigt dann die Straße Richtung Nakolice und Nova Ves ab. Eine zufällig dort aufgestellte Übersichtstafel der Radwege zeigte die weitere Richtung an: Krabonos - Radweg Nr. 341 bis Nova Hut und dann Nr. 1010 bis Pele (Grenzübergang nach Schlag).

Die Markierung der Radwege war gut, die Wege sind nicht alle asphaltiert, aber gut zu befahren. An den Radwegen gibt es Infotafeln (von der EU kofinanziert - in tschechisch und deutsch - warum nicht auch in englisch ?) über die jeweiligen Sehenswürdigkeiten. Ganz selten gibt es auf österr. Seite Hinweise auf tschechisch - auch hier ist mehr Info auf englisch einzufordern. Der Grenzübergang nach Schlag ist winzig (und kann hoffentlich bald ganz aufgelassen werden), es waren ohnehin nur Radfahrer zu sehen. Nun ging es durch die nördlichen Wälder nach Haugschlag, dann ein Abstecher nach Rottal, wo ich zufällig auf den nördlichsten Punkt Österreichs (Foto) traf aber leider nicht auf das erhoffte Abendessen. So fuhr ich noch bis Hirschenschlag, wo dann aber das erwartete Zimmer nicht frei war. Dank freundlicher Vermittlung wurde ich telefonisch in Reingers einquartiert, wo ich um 21h ankam. Reingers hat den Beinamen "Hanfdorf", es ist das Zentrum des österr. Hanfanbaus und es gibt auch ein Hanfbier aus Reingers.

Tag 4 - von Reingers bis Alberndorf/NÖ

Bei guter Stimmung und schönem Wetter ging es weiter über den Kalkberg (Hügerl), dann traf ich zufällig auf den markierten Grenzlandradweg Nr. 8, der vermutlich in der (gratis) "Freizeitkarte Waldviertel 1:160 000" (Hrsg. Waldviertel Tourismus, Zwettl, www.waldviertel.or.at) noch als "Waldviertel Radweg" eingezeichnet ist. Ich folgte diesem auch, bis er nach Dobersberg (vermutlich zum Nationalpark) abzweigt. Ich fuhr weiter nach Waldhausen und beim Mittagsläuten war da plötzlich ein passendes Lokal: "Die Plauderstube", Waldkirchen/Th. Nr. 30. Es gab gutes Essen und gutes Bier und große Tische im Garten zum studieren der Landkarten. (Optisch) stören tut dort nur ein riesiger häßlicher Silo vom örtlichen Lagerhaus. Da beim Lagerhaus zufällig ein Wegweiser nach "Hanftal" ist, fragte ich, ob dort Hanfanbau betrieben wird. Jedoch ist dies nicht der Fall, vielleicht ganz früher mal. Überhaupt fristet der Hanfanbau wegen der möglichen Nutzung der Hanfpflanzen für Drogengewinnung ein Schattendasein. Nur die Autoindustrie scheint Verbundstoffe mit Hanffasern zunehmend einzusetzen.

Anschließend gings weiter nach Weikertschlag und dann nach Unterthürnau. Da stand irgendwo "alte Poststraße nach Heinrichsreith" und auch in meiner Hofer Karte war da eine Straße eingezeichnet. Aber bumm, das war die härteste Abkürzung der ganzen Reise. Alte Postkutschenstraßen, das weiß ich schon von Reise2, bestehen aus Rundkugelsteinen bis zu 15 cm Höhe und sind steil ohne Hemmung. So war es hier, Fahren war nicht immer möglich. Aber nach 1.5 km wurde es leichter und schöner und im Nachhinein verklärt sich ohnehin alles. Ein Berg kommt selten allein. Nun gings nach Hardegg lange und ordentlich bergab. Wie wir alle wissen, gehts dann meist genauso bergauf und so war es. Der einzige Trost war dann, daß 2 radmäßig emanzipierte Frauen (= die Männer mußten in der Zwischenzeit malochen) da auch unterwegs waren und ich für einige Zeit endlich mal jemand zum Reden hatte. Außerdem gings dann wieder einige Zeit bergab, da das Hügelland in die Ebene übergeht. Bei Mitterretzbach verließen sie mich wieder, da dort ihr Auto geparkt war - und ich fuhr weiter nach Haugsdorf, wo ich zu übernachten gedachte. Es war höchste Zeit, denn es wurde schon wieder dämmerig. Aber trotz Befragung von Einheimischen und einigen Telefonaten zu den Quartieren angeschlagen am Infopoint, war nichts zu bekommen. So mußte ich wohl oder übel weiterfahren und weil Alberndorf ein von Oberösterr. vertrauter Name ist, fuhr ich dorthin. Wenn es dunkel ist, sinken die Ansprüche an das Nachtquartier dramatisch und so war ich froh, als mir jemand den Weg zum nächsten "Wirt" um die Ecke zeigte. Da stand ich dann vor dem Wirtshaus, alles war finster und ein Tafel stand davor: "wir sind im Gastgarten, Eingang um die Ecke". Um die Ecke war ein geschlossenes Tor. Glücklicherweise war auch eine Tel.Nr. im Fenster und so rief ich an. Welch ein Glück - um die Ecke - das waren ein paar Hundert Meter und ein wunderschöner Heurigengarten. Mit richtigem Eigenbauwein, einem netten Wirt und einem passablen Zimmer. Das Frühstück gabs auch gleich im Heurigengarten, da schon ab 8h dort wieder aufgesperrt wird. Wirt sein ist zeitintensiv, das sah ich immer wieder.

Tag 5 - von Alberndorf bis Palterndorf

Also war ich nun wirklich in der (ersehnten :) WEINgegend. Allerdings anders als ich dachte. Haugsdorf, Mailberg etc. sind ja Namen, die nach Wein klingen. Aber was mir klar wurde, Wein heißt nicht automatisch auch Tourismus - den scheint es in dieser Gegend kaum zu geben. Ich blieb in Grenznähe, fuhr bis Laa a.d. Thaya, es war ein heißer Tag mit ca. 34 Grad C und in Wildendürnbach überzeugte mich ein Schild "Karin's Wia z'Haus" einzukehren. Leider gabs keinen richtigen Garten, aber einen überdachten Freilufthof. Nach Feng Shui eine Katastrophe, aber es gab einen Trost. Eine richtige Köchin werkte in der Küche. Ich merkte das schon an der Suppe, die ohne jede Geschmacksverstärker aus Rindsknochen zubereitet war. Die Menuehauptspeise war Beuschl mit Knödel (ewig nicht gegessen) und dann kam die Nachspeise... VOR DEN VORHANG ! Kardinalschnitte (-> Foto - ich mußte sie einfach fotografieren). Soll ich's noch erwähnen, all das um 4.50 Euronen - ich erwähnte ja schon - kein Tourismusgebiet. Weiter, weiter, ein Meilenstein wurde erreicht: Reintal, der Ort, wo der Radweg "Eurovelo 9" nach Österreich kommt. Diesem wollte ich ursprünglich bis Wien und dann bis zum Semmering folgen. Aber der Mensch denkt und Gott lenkt. Einige Kilometer ging das ja wie geplant - zusammen mit 3 Tschechen, die zum Neusiedlersee wollten radelten wir nach Altlichtenwarth, dann zweigten sie Richtung Grenze ab und ich fuhr Richtung Neusiedl a.d. Zaya. In St. Ulrich hatte ich gewaltigen Durst, überhaupt als ich direkt an einem gut besuchten, optimal am Radweg gelegenen Restaurant vorbeikam: "Hausberg Stuben". Schöner Garten und genug zu trinken und zu essen. Der Tag ging zur Neige und die Quartiersuche begann. In Neusiedl/Zaya war nichts zu bekommen, jemand empfahl Paltendorf. Dort sprach ich einfach wieder einen Einheimischen an und er erwähnte 2 Möglichkeiten. Tatsächlich war auf einem Reiterhof noch ein Zimmer frei. Die Reiter sind gesellige Leute und so saßen wir noch ein paar Stunden beisammen und ich lernte die Sorgen von "Pferdenarren" im Detail etwas kennen.

Tag 6 - von Palterndorf bis Gänserndorf

Nachdem ich noch einen Rundgang zu den Pferden gemacht hatte, gings weiter. Ziel dieses Abends war ja Wien, aber mit dem Rad wollte ich diesmal nicht direkt in die Stadt, sondern hatte am Reiterhof von Wienern erfahren, daß die Schnellbahn bis Gänserndorf bis spät in die Nacht verkehrt. Also auf dorthin. Der Tag war heiß, gelegentlich gabs Gegenwind. Unterwegs traf ich ein radelndes Pärchen vom Wolfgangsee, die aus Gänserndorf kamen. Ich fragte sie nach ihrem dortigen Quartier und ich notierte es mir, da sie es lobten. Entgegen meinen Plänen fuhr ich dann weg vom Eurovelo9 Richtung Grenze. Mittags kehrte ich in Angern im "Restaurant Österreicher" ein und habe es nicht bereut. Sie hatten zwar keinen Gastgarten, aber an diesem sehr heißen Sommertag war es vermutlich hinter Mauern kühler, als es draußen gewesen wäre. Und das Essen und die Bedienung waren sehr gut. Dann war es nicht mehr weit nach Gänserndorf, wo ich am Bahnhof die Zuginfos abholte und dann schließlich im erwähnten Gasthof Quartier nahm. Um 16h gings zum Bahnhof und nach Wien, wo das Treffen mit den Kollegen bei optimalem Schweizerhaus-Wetter in guter Atmosphäre stattfand. Gegen 24h gings zurück nach Gänserndorf mit dem Zug.

Tag 7 - von Gänserndorf bis Jois/Neusiedlersee

Gänserndorf weinte ich keine Träne nach und peilte als nächstes Hainburg/Donau an. Erste Etappe war bis Marchegg, wo bereits wieder die Hungergefühle das Kommando an sich rissen. Im Schloßhof gibts einen Imbiß, aber da ich kein bisschen grün sah, fuhr ich weiter. Ein Stück weiter sah es anders aus. Das Restaurant "March-Eck" hat einen ganz grünen Garten und auch mit Essen, Trinken und der Bedienung war ich zufrieden. Frisch gestärkt besuchte ich die Storchenkolonie, was ich eigentlich nicht vor hatte, aber mir empfohlen wurde. Sie ist wirklich sehenswert (Foto). Auch das Schloß "Hof" wurde mir empfohlen und so radelte ich darauf zu. Es schaut sehr beeindruckend aus und hat ein riesiges Areal. Eine Besichtigung (8 Euronen) macht nur Sinn, wenn man sich Zeit dafür nehmen kann - also entschied ich mich eher dagegen (aber beim nächsten Mal stehts am Programm). Vorbei am Schloß Niederweiden gehts nach Hainburg zur Donaubrücke. Das ursprüngliche Ziel Semmering ließ ich nun endgültig sausen und das neue Ziel hieß einfach WEIN. Wein heißt Neusiedlersee, aber der war noch etwas weiter weg. In Bad Deutsch-Altenburg lockten mehrere Angebote mit "Zimmer frei", aber wie so oft drängte es mich weiter. Dort unten ist es eben und daß es eine windige Gegend ist, sieht man an den Windenergieparks. Als Radfahrer spürt man es noch mehr am Gegenwind. Trotz ebenen Geländes kommt man nicht zügig voran, sondern plagt sich wie im Hügelland. Irgendwann, das Wetter war unfreundlich aber ohne Regen, erreichte ich Neusiedl/See und entschied mich für das rechte Ufer. Das bedeutet aber, man kommt gar nicht in den Ort, sondern fährt gleich zum nächsten Ort. Um 20h war ich in Jois und bald fand ich ein (großes) Zimmer. Ein Hinweis auf ein Weinfest im Nachbarort Winden ("3km Fußweg") fand mein Interesse und damit unlimitiert Wein konsumiert werden könne, ließ ich mein Rad daheim. Irgendwie verlor ich die Orientierung, die aber von einem Wegweiser nach Eisenstadt und einer Nachfrage korrigiert wurden. Dann ging ich auf und neben der Bundesstraße Richtung Winden. Und ging. Und ging. Und es fing zu regnen an. Und keiner nahm mich mit trotz eindeutiger Handzeichen (ich hätt mich auch nicht mitgenommen). Endlich nach langen 1.5 Std. (in zu kleinen Schuhen) tauchte dieses verwunschene Winden auf (ich war um einen Berg herumgegangen - am See ist es viel kürzer). Der Abend wurde nun doch nun ein Erfolg, da ich in den richtigen Keller "fiel" und was gutes zu Essen bekam und der Wein auch akzeptabel war. Um Mitternacht fing es zu stürmen an und ich machte mich auf den Heimweg. Wie durch Zauberhand war plötzlich ein Autobus da, der mich und andere Zecher einfach gratis nach Jois zurückbrachte (worüber ich sehr froh war). Ein wenig mußte ich noch suchen, da das Quartier verschwunden schien (gottseidank hatte ich mir den Straßennamen gemerkt) und so endete der Tag noch gut.

Tag 8 - Ruhetag in Jois/Neusiedlersee

Nach dem Frühstück und einem Plauscherl mit dem Quartiergeber (einem Weinbauern) ging ich ein wenig auf Erkundungsfahrt und nahm die Badehose mit. Das Wetter war nicht gerade heiß. So fuhr ich nach Winden und weiter nach Breitenbrunn, wo ich einen Kollegen besuchen wollte. Ich traf ihn nicht an, aber ein schönes Gasthaus mit Garten und netter Bedienung ("Zum Kirchberg"). Dann radelte ich zum See, den man von diesen Orten nicht sieht, weil ein breiter Schilfgürtel dazwischen liegt. Der Seezugang ist nicht selbstverständlich, selbst Radfahrer werden zur Kasse gebeten (diese zwar nur mit Euro 1.50) worüber ich mich beschwerte. Seen sollten nach meinem Verständnis frei zugänglich sein. Für ein paar Fotos ließ man mich passieren, freien Seezugang gibts aber nur in Jois, ließ man mich wissen. Breitenbrunn gehört zu jenen Gemeinden, die den Seezugang von den Esterházy (-Betrieben) gepachtet haben, daher müssen sie angeblich ihrerseits Geld verlangen. Also machte ich ein paar Fotos und fuhr zurück nach Jois, wo tatsächlich ein kleiner Badestrand freies Baden möglich macht. Ich frage mich, wie man es macht, so an die 30.000 ha Grund legal weiterzuvererben - meine Kinder würden sich die Erbschaftssteuer wohl nicht leisten können. Aber da gibts ja nun die Möglichkeit von Stiftungen... Irgendwann gehen diese Pfründe auch "stiften" und überhaupt: "Besitz belastet". Und vielleicht ist es besser, es gehört denen, als es wird alles rücksichtslos verbaut. Am Abend fuhr ich nochmals nach Winden, (mehr wegen des guten Kümmelbratens). Ich nahm mir dann aber eine Flasche Wein mit auf die Reise (die ich dann 3 Tage am Rad mitgeschleppt habe).

Tag 9 - von Jois/Neusiedlersee bis Bad Lutzmannsburg

Vom Radweg entlag des Sees zweige ich ab nach Oslip, wo ich eine Adresse von einer zufällig geschenkt bekommenen Weinflasche mithabe. Ich finde das Haus, schon außen ist eine Tafel "Landessieger 199x" - ich erwarte teure Weine. Mein Begehr ist aber "nur" der Muskat-Ottonel und den gibts um 3.5 Euro pro Bouteille. So bestelle ich einige Flaschen und lerne dort die Sorte "Muskotay" kennen, die dem Muskat sehr ähnelt, aber schädlingsresistent ist und angeblich ohne Spritzungen auskommt. Den bestell ich auch gleich (und trink grad einen während ich dies schreibe). Süß sind sie halt beide, das ist nicht jedermanns Geschmack.

Nächte Station ist St. Margarethen und bitte VOR DEN VORHANG, liebe Gemeindeväter und -mütter. Ein wunderbarer, frei zugänglicher Badesee mit Restaurant steht den Bürgern und Touristen zur Verfügung. Da mußte ich eine Erfrischungspause einlegen.

Zurück gings auf den See-Ufer-Radweg und weiter, vorbei an Rust und Mörbisch nach Ungarn und bei Deutschkreutz wieder nach Österreich. Enden wird dieser Tag in Bad Lutzmannsburg. Vorher begegne ich noch einige Male unseren tapferen Vaterlandsverteidigern, die dort Tag und Nacht die Grenze bewachen zur Freude der örtlichen Betriebe. Ich finde ein Quartier, gleich eine ganze Ferienwohnung, in einem alten Bauernhof. Und obwoh ich ganz allein bin - nur die Sterne über mir - und fast absolute Stille, wird dieser Abend zu einem unvergeßlichen Erlebnis. Es muß der Ort, genau gesagt, dieser Platz (Bauernhof) gewesen sein. Zusammen mit einem ausgezeichneten "Landwein" (!), der vorrätig war (nur 2 Vierterl) ergab sich eine unerklärlich heftige Stimmung.

Tag 10 - von Bad Lutzmannsburg bis Csaterberge

Dieser Tag ist dem höchsten Berg des Burgenlandes vorbehalten - dem Geschriebenstein. Schließlich trainiere ich ja auch für den Tag, wo das Stilfserjoch vor mir liegt. Lacht nicht - der Geschriebenstein ist gar nicht so ohne. Von Lockenhaus (336m) gehts auf 803m zur Raststätte Waldhof hinauf (aber wenigstens im Schatten). Dann gleich wieder auf 300m hinunter. Als ich irgendwo bei Hannersdorf herumstand und die Karte studierte, blieb ein dicker BMW stehen und fragte, wo ich hin wolle etc. Zum Schluß machte er die Bemerkung, "wenn Sie schon hier sind, MÜSSEN sie die Tschaterberge (Csaterberg) besuchen. Ein Gebiet mit ursprünglichen Weinbergen und -Kellern. Das leuchtete mir sofort ein und ich hatte ein neues Ziel. Und tatsächlich, das MUSS man erlebt haben ! Vorbei an Orten wie "Kotezicken" und "Kohfidisch" gehts in ein Gebiet mit alten Weinkellern und Weinbergen. Obwohl nur 1 Betrieb "ausgesteckt" hatte, war es ein Erlebnis. Es waren ausschließlich LUSTIGE (!), unbeschwerte Leute dort, das fällt heutzutage schon richtig auf. Lustig haben sie auch die beiden "Berge" benannt: Klein-Csaterberg-365m hoch, Hoch-Csaterberg-341m. Das Essen und der Wein waren billig und trotzdem gut. Leider war das Übernachten nicht ganz so günstig ("Hotel"), aber ich wollte in dieser Idylle bleiben und nicht weiter weg wohnen.

Tag 11 - von den Csaterbergen bis Gerersdorf bei Güssing

Wieder zur Grenze hieß das Motto am nächsten Morgen. Eine Abkürzung mußte es sein, aber wenn nur die vielen Weggabelungen nicht wären. Bei Waldwegen nützt die beste Karte oft nichts. Dann landete ich doch noch in Eisenberg und am Radweg. Aber der führte geradewegs in die "Höll" - und das heißt ja normalerweise nix gutes. So war es auch - denn es zog ein Gewitter auf und dann begann es zu regnen. Also sucht man Unterschlupf... Da war er auch schon, plötzlich waren gleich an die zehn Autos in den Weinbergen - das riecht nach Gasthaus. War es zwar nicht, aber dafür war "ausg'steckt" (von Ende Juli bis Mitte August nur) Buschenschank G.Riegler, Florianigasse 13 (!), Bildein. Rettung in höchster Not, denn es goß in Strömen. Da gabs nicht nur ein Dach, sondern auch gutes Essen und Trinken. Ich wollte gar nicht mehr weiter, selbst als der Regen aufhörte (war nur ein Trick des Wetters). Nach einiger Zeit begann es wieder zu regnen, aber ich fuhr weiter. Das wurde der Regenfest-Test-Tag. Mitten in unbewohntem Gelände ein Wolkenbruch erster Klasse. Seit Reise2 habe ich ja eine wirklich gute lange Regenhose und so war mir auch nicht kalt. Jedoch war die Wassermenge so stark, daß doch Wasser von der Hose in die Schuhe gelangte - und das ist dann nicht mehr komfortabel. Auch die Lenkertasche stellte sich nicht als regenfest heraus. Was will man auch erwarten, wenn man auf "Güssing" zufährt ? In Güssing besuchte ich 2 Großmärkte und besorgte mir Plastiktüten - vor allem als Überzug für die Lenkertasche. Mit wenig Elan gings weiter unschlüssig wohin. Da mir neben den Csaterbergen auch Kukmirn als sehenswertes Zentrum der Schnapsbrennerei empfohlen worden war, schlug ich diese Richtung ein. Bald aber fing ich an, mich nach einem Quartier umzusehen und sah ein Schild "Gästehaus Gehrersdorf" (ob aus diesem Ort die Ministerin Gehrer herkommt ?). Ich fragt einen Spaziergänger, was das für ein Gästehaus sei - er wußte es nicht, als ich ihm erklärte, ich suche ein Zimmer erklärte er strahlend, er hätte auch ein Gästehaus und so ging ich mit. Es war eine ganze Ferienwohnung und noch dazu günstig. Herz, was willst du mehr - mit nassen Füssen.

Tag 12 - von Gerersdorf bis Weinburg (Steiermark)

Trübes Wetter macht trübe Stimmung. Das Wetter war gnädiger als am Vortag und so regnete es nicht heftig, meist sogar gar nicht. Über Kukmirn (Apfelradweg) schlug ich die Richung Eltendorf ein, denn ich mußte über die Lafnitz, ein Fluß, über den ich vor meiner Reise zufällig eine Fernsehdoku gesehen hatte. Er ist sehr naturbelassen und bildet über lange Strecken die Grenze zur Steiermark. Ein Schild "Pizzeria" weckte plötzlich spezielle Nahrungswünsche und ich fuhr ihm mehrere km nach. Dafür wurde ich durch eine gute Pizza belohnt. Trotz überdachtem Garten wars nicht wirklich eine südländische Stimmung - bei Regen und Wind. Irgendwie gabs aber Kraft und danach radelte ich flott durch Jennersdorf, und dann bis Bad Radkersburg die Abkürzung durch Slowenien. In SL war die Straße manchmal ein wenig löchrig und schmal, also etwas gefährlicher. Aber da war schon der kleine Grenzübergang nach Bad Radkersburg "Umgebung" und somit war ich nach ein paar km am Mur-Radweg, von dem ich schon monatelang eine Radkarte herumsgeschleppt hatte. In Bad R. war noch die Touristeninfo offen (3 Leute) und ich wollte wie üblich eine gratis Radkarte der Steiermark oder des Murradwegs abholen. Aber das ganze Geld der Steiermark war schon für Tierparkförderungen ausgegeben worden, drum gibt es sowas nicht (zumindest in Bad R.) Nach einigen km fand ich auch den Murradweg, der dann gar nicht schlecht beschildert war. Leider nicht nur mit Radhinweisschildern, sondern auch mit Unmengen an Verbotstafeln ("Baden verboten" etc.). An einigen "Zimmer frei" fuhr ich noch vorbei, denn ich wollte nach "Weinburg", weil ich dort eine Weingegend vermutete und somit auch Tourismus und Unterkünfte. Denkste ! Nix ists mit Wein dort und nur durch willkürliches Anklopfen und Befragung von (sehr hilfsbereiten) Einheimischen gelang es, eine Unterkunft zu finden. Die hatte es dann in sich, denn die Eingangstür zur Ferienwohnung hatte einen Knopf und die Tür fiel automatisiert ins Schloß. Kein Problem - das Gepäck war schnell in der Wohnung und den Schlüssel hielt ich bei mir. In der Nacht wurde ich wach, weil auch ein paar Gelsen wach waren - die waren schnell erledigt. Ich dachte an dies und das und daß ich mein Rad nicht abgesperrt hatte und kam auf die Idee, um 4h früh das Rad sehen zu wollen. Leicht bekleidet und barfuß ging ich raus - es war noch da ! - und da machte es klack. Die Tür war zugefallen und der Schlüssel drinnen. Es war schon hell, ich wollte aber die im Nebentrakt wohnenden Vermieter nicht aufwecken, sondern sann auf Lösung. Bald wurde es empfindlich kalt. Einsteigen war ohne Leiter auch nicht möglich, die Fenster waren zwar offen, aber zu hoch droben. Während ich noch fluchte und mich alles tierische hieß, kamen wie durch ein Wunder ein Mann und eine Frau aus dem Haus nebenan und wollten ins Auto steigen und wegfahren. Betreten ging ich hin und schilderte meine Situation. Kein Problem, der Mann hatte einen Zweitschlüssel und ich konnte rein und weiterschlafen.

Tag 13 - von Weinburg bis Peggau

Weinburg liegt am Sterzradweg ("R43"). Diesem folgte ich weitgehend bis zurück zum Murradweg ("R2") bei Vogau. (Streckenführung Sterzradweg: Ehrenhausen - St. Veit am Vogau - Weinburg - Brunnsee - Gosdorf). Dann radelte ich entlang der Mur, vorbei an Gralla (dem Ort, der als Wohnort des Briefbombers bekannt wurde) und weiter bis Graz. Abstecher in die Innenstadt wo ich zufällig einen Linzer (Hr.Muhr) vom EAMDC traf, der nun dort unten lebt. Aus der Zeitung kannte ich ihn schon lange, aber in Linz hatte ich ihn noch nie getroffen. Wenn man Mu(h)r heißt, muß man ja nach Graz. Von ihm und seinen Bekannten bekam ich einen wichtigen Tipp, nämlich den wiedereröffneten Radweg Gösting-Raach links der Mur zu benutzen, weil dieser verkehrsfreundlicher sei. Dies tat ich dann natürlich. Generell kann ich den Murradweg von Bad Radkersburg bis Leoben loben, er ist ausreichend gekennzeichnet und größtenteils verkehrsarm. Als es Abend wurde war ich in der Gegend von Deutsch-Feistritz, ein Ort der mir gut gefällt. Nur fand ich kein günstiges Quartier und so übernachtete ich im benachbarten Peggau.

Tag 14 - von Peggau bis Eisenerz

An diesem Tag traf ich zum ersten Mal Radfahrer welche mir anboten, ein Stück gemeinsam zu fahren und ich genoß den Erfahrungsaustausch. Die Zeit verging rasch bis Bruck/Mur, wo wir uns verloren, als ich anhielt, weil ein Gerangel stattfand. Ein Betrunkener ging massiv auf einen schmächtigen, alternativ gekleideten jungen Mann los. Er behauptete, es seien diese (langhaarigen) Typen, die "unseren" Kindern Rauschgift verkaufen. Ein deutscher Radfahrer war eingeschritten und versuchte den Rabiatling davon abzubringen und ich auch. Gottseidank kam nach 2 Minuten ein Blaulicht angerast und dann 2 weitere und die nahmen die "Vermittlung" in die Hand.

Die Wettervorhersage war nicht ermutigend und ich hatte die Qual der Wahl der weiteren Route. In Hinblick auf Bergtraining entschied ich mich, über den Präbichl heimzufahren. Bis Leoben gings noch auf dem Radweg weiter, dann war es aus mit dem Komfort. Leoben präsentiert sich ja nicht gerade als vorbildliche Verkehrsstadt, die stark frequentierte Bundesstraße ist teilweise schmal und hat schlechten Belag. Bis Trofaiach hatte es höllischen Verkehr, dann wurde es ein bißchen besser. Dazu kam der erste Regen in Leoben, der aber wieder versiegte. Eisenstraße braucht eben eiserne Nerven. Vordernberg ist sehenswert ob seiner Bauten (alter steinerner Hochofen usw). Nach Vordernberg beginnt der Anstieg zum Präbichl. Zum Glück mußte ich nur gegen den Berg, nicht aber gegen Regen ankämpfen. Am Präbichl steht ein großes Windrad, da oben hat dann auch der Wind ordentlich geblasen. Nach einer kurzen Rast ging es steil bergab, schnell ein Foto vom Erzberg gemacht und dann hinab nach Eisenerz. Die Zimmersuche gestaltete sich ein bisschen schwieriger, weil dort gerade Kirtag war und zu diesem viele Eisenerzer und Geschäftsleute anreisen, die die Zimmer belegen. Eisenerz hatte früher tausende Einwohner mehr, viele Häuser machen auch einen unbewohnten Eindruck. Es gibt zahlreiche relativ hohe Gebäude dort (die jedoch ziemlich alt wirken), fast wie Vorboten von Hochhäusern. Nachdem ich ein schönes Quartier gefunden hatte, wollte ich noch eine Pizza essen. Ich wußte, die Pizza war nicht weit - oben an der Bundesstraße. Also ging ich zu Fuß und gedachte eine kleine Abkürzung zu nehmen. Nach 20 Minuten kam mir der Weg komisch vor und als ich dann endlich nach weiteren 10 Min. menschliche Wesen traf, mußte ich einsehen, zwischen Abkürzung und Pizzeria war ein unbegehbarer Berg. Also wieder zurückgetrabt und als ich in die Pizzeria kam (23h) gabs nichts mehr zu essen - ich mußte mich mit Gebäck und Rotwein zufrieden geben.

Tag 15 - von Eisenerz bis Enns

Nun war das gute Wetter endgültig vorbei ! Dauerregen hatte eingesetzt. Also fuhr ich los in der Hoffnung, es könne nur besser werden. Tatsächlich war der Regen manchmal etwas schwächer ! An diesem Tag fuhr ich 4 Stunden bei Regen. Bis Hieflau ist teilweise ein Radweg und die Strecke ist landschaftlich sehr schön. Ab Hieflau gehts am imaginären Ennsradweg weiter bis Altenmarkt. Dort gibts tatsächlich erste Fragmente eines Radwegs, aber nur ein paar Meter. Das Mittagessen nahm ich in Altenmarkt in dem Gasthof mit dem schönen Gastgarten zu mir, aber in der warmen Stube und ich war fast der einzige (Mittags-) Gast an diesem trostlosen Tag. Der imaginäre Ennsradweg endet in Kleinreifling und der reale beginnt dort - mit einer ordentlichen realen Steigung. Aber verkehrsmäßig viel besser als die Bundesstraße. Diese Gegend bis Steyr und Enns zählt ja nun schon zu meiner Hausstrecke und da weiß man, was einen erwartet. Die letzten km brauchte ich nochmals das Regengewand und um 20:30 war ich dann ganz froh, wieder daheim zu sein. My home is my castle !